Der Schatten im Zimmer
Ich weiß nicht mehr genau, wann es war vielleicht drei, vielleicht vier Jahre her. Aber an diese Nacht erinnere ich mich, als wäre sie gestern gewesen. Ich war auf dem Bauch eingeschlafen, als mich ein Geräusch aufweckte. Nah. Ungewöhnlich. Dann kam die Kälte. Dieses sofortige Gefühl, dass etwas hinter mir stand. Kein Traum, keine Einbildung eine Präsenz.
Etwas in mir reagierte urinstinktiv, wie ein Tier in der Wildnis. Ich war sofort im Kampfmodus, mein Körper ein Drache, der fletscht, bevor der Verstand begreift.
Ich drehte mich um und sah ihn.
Etwa 1,80 groß, schwarz, kein Gesicht, ein Umhang, der keine Arme oder Beine erkennen ließ. Eine Sekunde vielleicht, dann war er weg. Zurück blieb Angst. Schweres Atmen. Eine tiefe, animalische Einsamkeit, wie ein Welpe ohne Mutter in einer Schlangegrube. Ich fühlte mich wach, aber gefangen zwischen zwei Welten.
Damals fragte ich mich: Was war das?

Zwischen Traum und Realität
Später stieß ich auf den Begriff Schlafparalyse ein Zustand, in dem das Bewusstsein bereits wach ist, der Körper aber noch in der Schlaflähmung festhängt. Ein Schutzmechanismus, der verhindert, dass wir unsere Träume ausagieren. Wenn Geist und Körper in diesem Moment nicht synchron sind, entsteht ein Zwischenraum: Man ist wach, aber bewegungslos.In dieser Starre kann das Gehirn Bedrohung konstruieren. Angst aktiviert das limbische System, das wiederum Bilder produziert oft in Gestalt einer dunklen Figur. Das Herz rast, die Temperatur sinkt, die Wahrnehmung verengt sich.

So entsteht eine Erfahrung, die sich absolut real anfühlt: Kälte, Schatten, Nähe. Viele Menschen auf der Welt beschreiben sie fast identisch.
Und trotzdem bleibt diese Begegnung mehr als ein neurologisches Missverständnis. Sie berührt etwas Tieferes, Archaisches eine Angst, die älter ist als Sprache.

Der Wächter der Schwelle
In vielen Kulturen tauchen ähnliche Gestalten auf: Schattenwesen, Nachtgeister, Hüter der Schwelle. Sie erscheinen, wo sich Grenzen auflösen zwischen Traum und Wachen, zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein.
Mythologisch gesehen sind sie keine Feinde, sondern Wächter. Sie prüfen, ob wir bereit sind, hinzusehen in das, was wir in uns selbst verdrängen.

Der Psychologe C. G. Jung nannte diesen Teil des Menschen den Schatten: die Summe all jener Anteile, die wir nicht leben oder sehen wollen. Angst, Schuld, Aggression, Schmerz.
Wenn der „Shadow Man“ also auftaucht, dann vielleicht nicht, um uns zu bedrohen, sondern um uns mit uns selbst zu konfrontieren mit dem, was wir lieber im Dunkeln lassen würden.

Der Schatten und wir
Vielleicht ist er nur ein Produkt des Gehirns. Vielleicht aber auch ein Archetyp, ein altes Symbol, das unser Geist selbst heraufbeschwört, um uns zu prüfen.
Was sicher bleibt, ist das Gefühl.
Diese Nacht hat sich eingebrannt, als Erinnerung daran, wie nah das Unbekannte wirklich ist.
Ich schreibe diesen Text, weil ich glaube, dass wir mehr über solche Erfahrungen sprechen sollten. Nicht, um Geister zu jagen, sondern um zu verstehen, was sie in uns auslösen.
Wenn du Ähnliches erlebt hast erzähl mir davon. Ich möchte daraus eine kleine Sozialstudie machen, eine Sammlung von Begegnungen mit dem Schatten. Vielleicht finden wir so heraus, ob er wirklich nur in unseren Köpfen wohnt oder ob er etwas über uns erzählt, das wir sonst nie sehen würden.


Hinweis:
Schlafparalyse ist ein bekanntes neurophysiologisches Phänomen, das in verschiedenen Studien (z. B. Cheyne et al., 1999) beschrieben wurde. Die hier geschilderte Erfahrung basiert auf einem realen Erlebnis der Autorin also von mir:)

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EN

The Shadow in the Room
I don’t remember exactly when it happened  maybe three, maybe four years ago. But I remember that night as if it were yesterday. I had fallen asleep on my stomach when a sound woke me. Close. Unfamiliar. Then came the cold that sudden, unmistakable feeling that something was behind me. Not a dream, not imagination a presence.

Something ancient in me reacted instantly, like an animal sensing danger. I was in fight mode before my mind caught up, every muscle ready to strike. I turned around and saw it.
About six feet tall, black, faceless, wrapped in something like a cloak with no arms or legs. Just a shape. A second later, it was gone. What remained was fear. Shallow breath. A strange, primal loneliness, like a newborn animal separated from its mother. I felt awake, but trapped between two worlds.
Back then I asked myself: What the hell was that?

Between Dream and Reality
Later I came across the term sleep paralysis a state in which the mind wakes up while the body remains paralyzed. It’s a built-in safety mechanism to keep us from physically acting out our dreams. But when consciousness and body fall out of sync, a strange in-between space opens: you’re awake, but can’t move.
In that stillness, the brain tries to make sense of the fear it feels and it projects it outward, often as a dark humanlike shape. The body floods with adrenaline, the air feels cold, and the senses sharpen.

That’s when the Shadow Man appears. And even if neuroscience can explain every detail, the experience itself feels real: the cold, the tension, the sense of being watched.
It’s a phenomenon as physiological as it is existential fear rendered visible.

The Gatekeeper
Across cultures, dark figures appear as guardians of thresholds between sleep and wakefulness, between the living and the dead, between consciousness and the unconscious.
In mythology, they are not enemies but gatekeepers. They test whether we are ready to look into what we usually turn away from.
The psychologist C. G. Jung called this inner figure the Shadow: the collection of everything we repress fear, guilt, anger, grief.
So perhaps the Shadow Man doesn’t come to harm us at all, but to confront us with ourselves with the darkness that belongs to us.

The Shadow and Us
Maybe he’s nothing more than a trick of the brain. Or maybe he’s an ancient archetype, an image our psyche conjures when we’re forced to face the unknown.
What’s certain is the feeling the raw, physical certainty that something was there.
That night burned itself into my memory as a reminder of how thin the veil really is.
I’m writing this because I believe we should talk about these experiences more openly. Not to chase ghosts, but to understand what they awaken inside us.

If you’ve ever seen him the dark shape, the watcher in the corner tell me about it.
I want to gather these stories, a small social study of shadow encounters. Maybe together we’ll find out whether he only lives in our minds or whether he reveals something about who we truly are.


Note:
Sleep paralysis is a well-documented neurophysiological phenomenon described in several studies (e.g., Cheyne et al., 1999). The experience described above is based on a real event, from me:)

Thanks for Reading 👻

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